Open Skies

Dieses Thema im Forum "Airports & Lounges" wurde erstellt von Guest, 27. März 2008.

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    Unbegrenzt über den Atlantik - neues Abkommen revolutioniert Flugverkehr in die USA
    Von Antje Blinda

    Der Himmel öffnet sich. Das Open-Skies-Abkommen zwischen den USA und der EU tritt in Kraft: Erstmals darf jede Fluglinie auf beiden Seiten des Atlantiks überall starten und landen. Hauptprofiteur ist Londons unbeliebter und völlig überlaufener Airport Heathrow - der heute sein Terminal 5 eröffnet.

    Es ist wohl kaum ein Zufall, dass der britische Flughafen London-Heathrow sich zurzeit ungewohnt schillernd, gar luxuriös gibt. Am Donnerstag nimmt das neue 5,6 Milliarden Euro teure Terminal 5 seinen Betrieb auf - und am Sonntag wird das Abkommen Open Skies zwischen den USA und der EU in Kraft treten. Dann wird Europas ungeliebter und doch wichtigster Großflughafen über seine bisherigen Begrenzungen hinauswachsen.

    Bisher erlaubten bilaterale Vereinbarungen nur zwei US-Fluglinien den Abflug nach London: American und United Airlines, außerdem den nationalen Gesellschaften British Airways und Virgin. Nun drängt ein Trupp weiterer Gesellschaften mit ihren Maschinen auf Heathrows Landebahnen.

    Delta, Northwest, Continental und US Airways, außerdem Air France und British Midland wollen dort starten und landen. Der Run auf die begrenzten Lande- und Startrechte auf den nur zwei Pisten wird sich verschärfen - und Heathrow noch stärker zur begehrten Diva unter den Flughäfen werden.

    Schon jetzt gilt der überlaufene Airport mit 40 Prozent Marktanteil als Europas Tor in die USA. Continental musste gerade den Rekordpreis von mehr als 200 Millionen Dollar für die Nutzung von vier Slot-Paaren für ein Jahr zahlen.

    Open Skies wurde vor einem Jahr keineswegs zur Stärkung des Giganten London-Heathrow vereinbart. Das Abkommen sollte vielmehr allen US- und europäischen Fluglinien erlauben, von jedem Flughafen ihrer jeweiligen Kontinente aus über den Atlantik zu starten. Bisher waren die Gesellschaften aufgrund nationaler Absprachen mit den USA auf ihr Herkunftsland beschränkt: Die Lufthansa durfte die USA nur von deutschen Flughäfen ansteuern, British Airways nur von britischen.

    Die Liberalisierung des Nordatlantik-Marktes führte in den USA schon zur Auflage vieler neuer Flugrouten - in Europa jedoch reagieren die Fluggesellschaften vergleichsweise abwartend. Ein Preiskampf am offenen Himmel über dem Atlantik zeichnet sich bisher nicht ab.

    Auch Experten der Branche erwarten keinen Preisrutsch durch das Abkommen, der Markt ist schließlich schon jetzt geprägt durch große Kapazitäten und starkes Wachstum. Die Tendenz zeige für die kommenden Jahre generell eher nach unten.

    British Airways startet mit OpenSkies von Paris

    "Der Nordatlantik-Markt ist bereits stark ausgeprägt", sagt Martin Gaebges, Generalsekretär des Fluggesellschaften-Verbandes Barig. Das Abkommen werde darum keine besonderen Folgen für Europa haben. Nur in Einzelfällen würden europäische Airlines US-Verbindungen von Städten außerhalb ihrer Herkunftsländer aufnehmen, schätzt Gaebges.

    Denn der Aufbau der entsprechenden Zubringersysteme wäre zu aufwendig und dementsprechend wirtschaftlich sehr risikoreich. Lediglich Länder, in denen die Nationalfluggesellschaften keine starke Position haben, könnten interessant sein - zum Beispiel Italien oder die neuen EU-Länder.

    Tatsächlich hat bisher nur Air France eine tägliche Direktverbindung von Los Angeles nach Heathrow angekündigt, und British Airways will mit seiner nach dem Abkommen benannten Tochter OpenSkies ab Juni die Verbindungen Brüssel-New York und Paris-New York einrichten.

    Die Lufthansa dagegen, zweitgrößte Fluggesellschaft im Nordatlantikverkehr, sieht sich gut positioniert - und setzt auf den Ausbau der Verbindungen von deutschen Heimatflughäfen. Erst im Oktober nahm die Airline eine Verbindung nach Orlando auf und wird im Frühjahr als 18. US-Ziel regelmäßig Seattle anfliegen. Pläne, von Mailand oder London Langstreckenflüge zu starten, dementierte Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber und gab sich im Übrigen gegen den allgemeinen Trend fürs nächste Geschäftsjahr sehr optimistisch.

    Auch Irland intensiviert seine Flugdichte in die USA: Aer Lingus erhöhte die Zahl seiner US-Ziele von vier auf sieben und fliegt seit vergangenem Jahr zusätzlich Washington, Orlando und San Francisco an. Ryanair-Chef Michael O'Leary plant mit einer neuen Fluglinie von kleineren Flughäfen wie Liverpool oder Birmingham Städte wie Baltimore oder Providence für einen Preis von 10 Euro anzufliegen.

    US-Airlines gehen aggressiver in den Markt

    Aggressiver als die vorsichtigen EU-Fluglinien drängen die US-Fluglinien über den Atlantik. Die durch Dollarschwäche, kriselnde Konjunktur und hohe Kerosinpreise angeschlagenen Gesellschaften fürchten die besser aufgestellte Konkurrenz aus dem Osten. Nach längerer Durststrecke konnten US-Airlines wie United und Continental, Northwest und Delta im vergangenen Jahr bessere Ergebnisse vorlegen - bekommen aber großen Druck zu fusionieren.

    Sie wollen 7,9 Prozent mehr transatlantische Verbindungen in diesem Sommer - bei den Europäern sind es 4 Prozent.

    Am stärksten expandierte Delta in den vergangenen Jahren nach Europa: Nach neun Routen 2006 und sechs 2007 werden in diesem Jahr acht weitere hinzukommen, darunter nach Paris-Orly, Malaga, Edinburgh und Stockholm. Northwest wird fünf neue Verbindungen nach Heathrow, Amsterdam und Paris aufnehmen, American richtet vier neue Routen unter anderem nach Barcelona und Mailand ein. "In Deutschland hatten die US-Airlines schon viele Rechte", sagt Gaedges. Es werde sich daher eher auf den Strecken nach London etwas tun, dort könnten die Preise purzeln. Auch neue EU-Länder bekämen bessere Chancen.

    Der europäischen Flugbranche und den EU-Politikern geht das erste Abkommen nicht weit genug. Im Mai gehen in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana die Verhandlungen zwischen US-Unterhändler John Byerly und EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot über die Liberalisierung des Luftverkehrs in die zweite Runde: Dann stehen die Restriktionen für europäische Gesellschaften zur Debatte, die Mehrheitsbeteiligungen an US-Fluggesellschaften verbieten. Außerdem wollen die europäischen Fluglinien auch Strecken innerhalb der USA bedienen können. Die Lufthansa hat sich mit einer 19-Prozent-Beteiligung am US-Billigflieger Jetblue bereits in Position gebracht.

    Passagiere leiden unter aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen

    Barig-Generalsekretär Gaedges treiben allerdings noch ganz andere Sorgen um. Er fürchtet, dass die von den USA geforderten aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen Passagieren das Fliegen verleidet und das Wachstum des Flugmarktes einschränkt. Maßnahmen wie Flüssigkeitsbeschränkungen im Handgepäck oder die Abnahme von zehn Fingerabdrücken bei der US-Einreise sollten auf ihren Sinn überprüft werden. USA und EU müssten sich auf gemeinsame Standards einigen.

    Diesem Wunsch stehen allerdings nicht nur die nervösen US-Amerikaner gegenüber - sondern auch die Europäische Union selber. Justizkommissar Franco Frattini hat vor kurzem einen Plan für schärfere Grenzkontrollen vorgelegt (mehr...). Ihm zufolge sollen von jedem Einreisenden aus dem Ausland Fingerabdrücke verlangt werden.
     

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