Vielflieger bekommen Bonusmeilen
Dafür verschenken die Airlines Freiflüge oder Prämien. So weit die Theorie. Wolfgang Röhl aber warnt: Vorsicht, Luftnummer!
Meine Mutter kaufte immer beim Konsum
Der Tante-Emma-Laden lag näher, aber da gab es keine Rabattmarken. Beim Konsum gab es welche, und die klebte sie säuberlich auf. Die volle Karte erbrachte eine Mark fünfzig. Dafür musste Mutter allerdings lange kleben und natürlich immer beim Konsum kaufen. Wir schrieben das Jahr 1959. Meine Mutter, ansonsten eine vernünftige Frau, war williges Opfer eines der ersten Kundenbindungsprogramme.
Ich bin ihr würdiger Spross. Mein Programm heißt Miles & More.
Die Lufthansa betreibt das System mit diversen Partnern, wie Hotels und Autovermietungen. Angeblich gibt es fünf Millionen Deutsche, die ein Meilensammelkärtchen mit Kranich-Emblem haben. Im "World Shop"-Katalog stehen die Prämien, mit denen Lufthansa die Sammelsklaven lockt. Der übliche gehobene Versandkrempel: Radiowecker, Porsche-Toaster, Kaffeemaschinen, Riesenhundekissen, Alukoffer, Digitalknipsen. Darunter viel Sonderbares. Der "Blomus WC-Butler Mato" zum Beispiel sieht, 'tschuldigung, richtig scheiße aus.
100 Mal München-Hamburg für ein bisschen Koffer
Die Preise sind durchweg happig. Lufthansa beziffert den mit Bambusmotiven verunzierten "Jumbotrolley XXL Nexus Bamboo" auf 199 Euro. 51 000 Meilen soll man dafür anlegen, also ungefähr 100-mal die Strecke München-Hamburg (500 Bonusmeilen) fliegen. Vorausgesetzt, man kauft mittelteure Economy-Tickets und nicht die ganz billigen. Für Letztere gibt es nur 125 Meilen. Seit rund zwei Jahren bestimmt bei Lufthansa und ihren Partnern der Ticketpreis die Zahl der angerechneten Meilen, nicht mehr die Länge der Strecke. Wer da nicht ständig Business oder gar First düst, kommt nie auf einen grünen Meilenzweig.
Noch mal: 500 Meilen bringt ein mittelteures Economy-Ticket für einen LH-Flug München-Frankfurt. Das entspricht dem Gegenwert von 1,99 Euro. Wer für dieses Linsengericht darauf verzichtet, sich nach Flügen bei anderen Airlines umzuschauen, müsste für geschäftsunfähig erklärt werden. Doch die Gier nach vermeintlichen Boni hat nichts mit deren Wert zu tun. Miles & More funktioniert 2006 so zuverlässig wie Mutters Rabattmarken vor 50 Jahren.
Das Wirtschaftsmagazin "Capital" hat mal errechnet, dass man mit den preiswertesten LH-Tickets die Strecke Frankfurt-London 120-mal hin- und zurückfliegen müsste, um ein einziges Mal kostenlos fliegen zu dürfen - in der Holzklasse, versteht sich. Zum In-die-Luft-Gehen.
Billigflieger machen Meilensammeln überflüssig
Miles & More wurde 1993 eingeführt. Damals waren Freiflüge noch eine lohnende Sache. Die Billigfliegerei hat das komplett entwertet. Weshalb kompliziert Meilen ansparen und Prämien anfordern, wenn man zum Spottpreis regulär fliegen kann? Kommt hinzu, dass Prämienflüge keineswegs gratis sind. Man muss die Obendrauf-Kosten zahlen: Flughafengebühren, Steuern etc. Und das wird in der Summe manchmal sogar teurer als das Ticket einer Billig- oder Low-Cost-Airline. Welche außerdem so manche Ziele nonstop bedient, für die man bei Lufthansa umsteigen muss. Noch ärgerlicher wird's, wenn man mit dem Kranich am selben Tag hin- und zurückfliegt. Dann zocken sie 10 000 zusätzliche Prämienmeilen ab.
Letzter echter Bonus waren die Upgrades. Eine Zeit lang klappte das ganz gut. Man buchte im Callcenter oder ließ sich am Flughafenschalter upgraden. Manchmal ging's auch direkt am Gate. Jetzt, habe ich den Eindruck, tun sie alles, um Upgrades zu verhindern. Entweder behauptet das Callcenter, das Prämienkontingent auf dem gewünschten Flug sei schon erfüllt. Nachprüfen lässt sich das nicht. Oder sie geben - mir so in Bangkok passiert - eine angeblich gerade erhöhte Meilenanforderung fürs Upgrade vor, die das eigene Guthaben nicht hergibt. Tickets in bestimmten, günstigen Buchungsklassen sind gar nicht upgrade-fähig. Da bleibt wieder nur die Wahl zwischen Klo-Butler, Bambuskoffer oder Hundekissen.
Ich, für meinen Teil, fliege nicht mehr nach Airline, sondern nach Preis. Mit dem eingesparten Geld gebe ich mir auf der Fernstrecke die Business-Class.
Miles? No more.
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