Swiss lässt die Migros auflaufen
Die Werbung war fertig, aber die Partnerschaft zwischen Migros und Swiss erleidet eine Bruchlandung. Swiss wollte die Partnerschaft mit Coop aufgeben und stattdessen mit der Migros zusammenspannen. Die Fluggesellschaft hat das Geschäft aber in letzter Sekunde platzen lassen.
«Swiss-Flüge zu Migros-Tiefstpreisen» - eine Medienmitteilung mit diesem Titel hätte Donnerstag verschickt werden sollen. Insgesamt 30 000 Swiss-Europaflüge hätte die Migros ab dem nächsten Dienstag 50 Franken vergünstigt unter die Leute gebracht. Alles war bis ins letzte Detail vorbereitet, die Gutscheine für die billigeren Tickets lagen in den Migros-Filialen, die Inserate in der Sonntagspresse waren platziert. Doch es sollte anders kommen. Sehr zum Ärger der Migros. Und sehr zur Freude von Erzrivale Coop. Aber der Reihe nach:
Dass eine Fluggesellschaft ihre Tickets in flauen Flugzeiten via einen Detailhändler absetzt, ist keineswegs ungewöhnlich. Helvetic beispielsweise hat für eine solche Werbeaktion bereits zweimal mit Denner zusammengearbeitet. Und in Deutschland sind Flugticketaktionen mit Partnern aus dem Handel gang und gäbe.
Geplant war mehr als nur eine Aktion
Doch hinter der simplen Aktion, welche die Swiss mit der Migros plante, steckt weit mehr. Sie hätte den Anfang einer «strategischen Partnerschaft», einer «umfassenden zukünftigen Zusammenarbeit» markieren sollen.
Nachzulesen ist das in einer Absichtserklärung zwischen Swiss und Migros, die von den beiden Marketingchefs Christoph Beckmann und Urs Riedener Ende August unterzeichnet worden ist. Vorgesehen war laut dem Dokument, das dem TA vorliegt, beispielsweise die Umwandlung von Cumulus-Punkten in Flugmeilen. Ausserdem sollte die Swiss an Bord künftig Migros-Produkte verteilen. In der Economy-Klasse hätten die Passagiere Heidi-Produkte bekommen, in der Business-Klasse die Migros-Topmarke Sélection.
Zudem waren sich Migros und Swiss «einig», «dass die derzeitige Marketing-Partnerschaft der Swiss mit einem schweizweit tätigen Detailhandelsunternehmen (. . .) in Bezug auf die Umwandlung von Prämienpunkten in Prämienmeilen aufgelöst werden soll». Im Klartext: Swiss wollte den bisherigen Partner Coop und seine Superpunkte durch die Migros und ihre Cumulus-Punkte ersetzen.
Laut Darstellung der Migros galt die Vereinbarung mit der Swiss bis letzten Donnerstag - also bis zum Tag, an welchem die Ticketaktion hätte bekannt gemacht werden sollen. Dann habe sich die Swiss überraschend und in aller- letzter Sekunde von der vereinbarten Partnerschaft zurückgezogen - per E-Mail. «Für uns ist das ein äusserst sonderbares Verhalten eines international tätigen Unternehmens. Vor allem vor dem Hintergrund, dass je ein Team bei Swiss und Migros das komplexe Projekt über Wochen erarbeitet hat», sagt Migros-Sprecherin Monica Glisenti. Allerdings sieht die Vereinbarung zwischen Swiss und Migros explizit vor, dass beide Parteien jederzeit zum Rückzug blasen können - ohne dass daraus Schadenersatzansprüche entstünden.
Am Nachmittag des besagten Donnerstags meldete sich schliesslich auch Coop zu Wort. In einem Communiqué heisst es, Superpunkte könnten bis ins Jahr 2011 in Flugmeilen umgewandelt werden. Wie bis anhin werde Coop Weine für die Bordverpflegung der Swiss liefern. Und: «Swiss und Coop werden neu auch im Vertrieb gemeinsame Aktionen durchführen. Ein entsprechendes Angebot wird in Kürze auf den Markt kommen.»
Im Klartext: Bei der Aktion, welche die Swiss mit der Migros lancieren wollte, kommt jetzt Coop zum Handkuss. «Schon im November geht es los», bestätigt Coop-Sprecher Karl Weisskopf. «Wir haben mit der Swiss seit dem Sommer über die Verlängerung und den Ausbau unserer Partnerschaft verhandelt.» Der neue Vertrag sei am Donnerstag von Coop-Chef Hansueli Loosli unterschrieben worden. Kurz danach muss die Swiss ihr Rückzugs-Mail an die Migros geschickt haben.
In deren Zentrale am Limmatplatz ist man mehr als verschnupft. Man nervt sich darüber, dass ein fertiges Projekt der Konkurrenz geschenkt werde. Die Swiss habe sich von Coop beeinflussen lassen. Davon will man in Basel nichts wissen: «Wir haben uns für uns eingesetzt, nicht gegen Migros», sagt Weisskopf. «Die Swiss hat letztlich entschieden.»
Swiss-Sprecher Jean-Claude Donzel sagt: «Wir sind uns bewusst, dass wir uns spät zurückgezogen haben. Aber wir konnten uns mit der Migros nicht auf die Konditionen einigen.» Konkreter will er nicht werden: «Es wäre stillos, die Gründe für das Scheitern der Verhandlungen in den Medien auszubreiten.» Offenbar hat es die Swiss nicht goutiert, dass die Migros kurz vor Schluss der Vertragsverhandlungen eine Exklusivitätsklausel einbauen wollte.
Zum Einfluss von Coop nimmt Donzel keine Stellung: «Kein Kommentar.» Er bestätigt indes, dass die Swiss mit beiden Händlern parallel Gespräche geführt habe. Ein Swiss-Insider fügt an: «Es war, wie wenn wir Airbus gegen Boeing ausspielen: Das bessere Angebot gewinnt.»
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