FFPs haben eine evolutionäre Entwicklung hinter sich. Zunächst als reines Kundenbindungsprogramm konzipiert, haben sie sich von einer Investition in den Kunden (= wir verteilen Meilen für Freiflüge, das kostet uns als Airline Geld, aber das ist uns ein guter Kunde wert) zu eigenen Profit Centern (= das FFP ist eine zusätzliche Einnahme- und Gewinnquelle) gewandelt.
Das Ganze ist natürlich eine Mischkalkulation, denn die Kunden (damit sind jetzt die FFP-Nutzer gemeint, nicht die Firmen, an die FFPs Meilenpakete verkaufen) sind recht verschieden. Die einen sammeln nur wenige Meilen, lassen sie teilweise verfallen, kaufen damit im Worldshop ein oder verbraten sie geistig verwirrt auf innerdeutschen Holzklasseflügen mit Hin- und Rückflug am selben Tag. Andere nutzen ihre Meilen ausschließlich für First Class Freiflüge auf Strecken, die normalerweise extrem teuer wären und erzielen damit einen für sie persönlich ungleich größeren Gegenwert.
Natürlich wird man spontan sagen, dass der erstgenannte ignorante Kunde dem FFP (hier nun konkret M&M) lieber ist als der stets in der F sitzende Meilenoptimierer, doch das ist, wie so oft, zu kurz gedacht. Denn der Meilensitz, den LH (oder ein *A Partner) in der First Class zur Verfügung stellt, hat für die ausführende Airline nicht annähernd den Wert, den sie dafür offiziell als Fullfare-Tarif verlangt. Meilensitze sind per Definition bekanntlich überzählige Sitzplätze, die auf einem bestimmten Flug mit hoher statistischer Wahrscheinlichkeit nicht zum regulären Preis verkauft werden können, ergo ohne FFP leer bleiben würden. Deshalb ist jeder EUR, den man mit solchen Plätzen verdienen kann, für die Airline grundsätzlich erstmal positiv zu betrachten.
Es ist nun die Aufgabe der Airline, die wahrscheinliche Auslastung von Flügen möglichst genau zu prognostizieren und den "Missbrauch" von Meilensitzpätzen zu verhinden. Unter Missbrauch ist einerseits der kommerzielle Verkauf von Meilenplätzen durch Mittelsmänner zu verstehen, die Premiumpassagiere im Visier haben und ihnen am Mainstream-Markt vorbei ein Schnäppchen für Flüge in der F oder C anbieten - quasi die Kulmination der "unpublished fare", der "Mega-Consolidator". Airlines hassen so etwas nicht zuletzt auch deshalb, weil Meilenbroker quasi eigene Tarife gestalten, die nichts mit dem von der Airline diktierten Tarifen zu tun haben. So wird das ausgeklügelte Tarifsystem der Airlines unterlaufen. Andererseits versteht man unter "Missbrauch" bei den Airlines aber auch findige Vollzahler, die, anstatt sich teure F und C Tickets zu kaufen, diesen Umsatz zugunsten von Meilenflügen zurückfahren.
Beide Szenarien sind nicht im Interesse der Airline, deshalb haben alle FFPs und Fluglinien zum einen "fraud protection units" und zum anderen komplexe Regeln und Restriktionen, die verhindern sollen, dass Kunden von flexiblen Vollzahlertarifen keck auf das Fliegen mit Meilen umsteigen können. Ehe sie einen Vollzahler verliert, ist es einer Airline natürlich lieber, dass Sitze (vor allem in der F oder C) leer bleiben.
Man sieht also, dass das Ganze kaum etwas mit der Menge der am Markt verfügbaren Meilen zu tun hat. Diese ist ohnehin inflationär (mit der entsprechenden Entwertung durch regelmäßge "enhancements"), weshalb es sich auch kaum lohnen dürfte, das eigene Meilenkonto heute für den weit in ferner Zukunft liegenden Ruhestand zu füllen. Vermutlich ist es sinnvoll, höchstens so viele Meilen auf dem Konto zu haben, wie man in den nächsten 2-3 Jahren sinnvoll verbrauchen kann.
Die Crux sind also jene Regeln, die Fluglinien für die Buchung von Awardsitzen und Upgrades aufstellen. Diese Regeln müssen so gestaltet werden, dass Vollzahler weiterhin Vollzahler bleiben, während solche Kunden, die überwiegend günstige Tarife kaufen, mit dem Programm an die Airline/Allianz gebunden werden sollen, damit sich diese nicht queerbeet das jeweils billigste Angebot schnappen. Selbstverständlich sollen damit auch die Vollzahler (egal ob in Y, C oder F) gebunden werden, jedoch vor allem über Statusprivilegien (Servicefaktor), den privaten Einsatz von geschäftlich erflogenen Meilen (der berühmte Familienurlaub) sowie natürlich Upgrade-Awards. Von letzteren leben vor allem die U.S.-Airlines, deren Premiumprodukt nicht unbedingt dem internationalen Standard entspricht, sodass sie Sitzplätze in C und F nur zu einem geringen Teil an Vollzahler verkaufen können. Dass Kunden von U.S. Airlines dennoch lieber mit UA als mit SQ oder NH nach Asien fliegen, liegt allein am FFP, das großzügig Upgrade-Instrumente zur Verfügung stellt. Auf diese Weise können Geschäftsreisende mit hohem FFP-Status, die gemäß der Reisevorschriften ihrer Firma nur eine bestimmte Klasse (Coach oder Business) buchen dürfen, bei UA meist eine Klasse höher fliegen, ohne dafür extra zu bezahlen. UA Business ist eben doch besser als SQ Economy. Hier kompensiert das FFP also erfolgreich ein objektiv nicht konkurrenzfähiges Flugprodukt.
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