Unterwegs in der A380
Ein weißes Ungetüm rollt zur Startbahn: Rund 70 Meter lang, ein Gesamtgewicht von 361 Tonnen, die Spannweite eines Fußballfeldes. Die A380 ist zum ersten öffentlichen Präsentationsflug abgehoben. stern.de war mit an Bord des größten Passagierflugzeugs der Welt.
Der weiße Riese füllt den Stellplatz auf dem Vorfeld des Flughafen Toulouse vollständig aus: Eine Airbus A380 wird am Auslieferungszentrum des europäischen Flugzeugherstellers für den Start vorbereitet. In einem Halbkreis stehen auf einer verglasten Empore Kamerateams und Fotografen. Es ist ein besonderer Tag: Erstmals wird das größte Passagierflugzeug der Welt der Öffentlichkeit auch von innen und während des Fluges vorgeführt. Morgen werden die Zeitungen in aller Welt voll sein mit Berichten: Rund 200 Journalisten sind angereist - zum Teil über 30 Stunden.
Vom Wundervogel zum Sorgenkind
Die A380 ist in den vergangenen Monaten in den Augen der Welt regelrecht abgestürzt: Vom technischen Wundervogel, dem Symbol technischer Überlegenheit Europas, zum verspäteten Sorgenkind einer Firma, die ihre Kunden um fast zwei Jahre vertrösten musste und Milliarden in die Lösung selbstverschuldeter Probleme investierte. Ein Kunde stornierte sogar seine zehn Bestellungen.
Unterwegs in der A380
Wie man einen Giganten baut
Nun soll erst im Oktober diesen Jahres die erste der rund 300 Millionen Dollar teuren Maschinen an den Kunden Singapore Airlines ausgeliefert werden. Es wird die einzige im Jahr 2007 werden. 2008 folgen 13 Flugzeuge, 2009 sollen 25 A380 folgen. Erst 2010 wird Airbus die volle Produktionskapazität von 48 Maschinen im Jahr erreichen. Die ersten 25 Maschinen müssen noch von Hand nachträglich mit neuen Kabelsätzen ausgestattet werden ein aufwändiger und teurer Prozess.
"Jetzt wird diszipliniert abgearbeitet"
Doch Airbus tut alles, um zumindest an diesem Tag die Probleme vergessen zu machen: Verkaufschef John Leahy verspricht 20 Bestellungen von zwei Kunden noch in diesem Jahr und Mario Heinen, Programmleiter der A380 versichert, alle Schwierigkeiten habe man im Griff: "Jetzt wird diszipliniert abgearbeitet."
Dann startet die A380 mit der laufenden Nummer 007 zum Präsentationsflug. 200 Passagiere verlieren sich auf den geräumigen beiden Decks fast. Die Kabinen bieten wie versprochen ein bisher unbekanntes Raumgefühl: höher, breiter, bequemer, mit reichlich freiflächen vor den insgesamt drei Bars an Bord.
Airbus-Pilot Peter Chandler und sein deutscher Copilot Wolfgang Absmeier rollen mit dem Ungetüm zur Startbahn: 361 Tonnen Gesamtgewicht, davon nur rund 50 Tonnen Kerosin. Vollgetankt mit über 300 Tonnen bringt es die A380 auf über 500 Tonnen Abflugmasse.
Mit überraschend guter Beschleunigung rollt die Maschine an und hebt bereits nach wenigen Sekunden unmerklich ab. Besonders im Oberdeck ist kaum etwas davon zu spüren, denn der Boden ist gute neun Meter entfernt und auch die Triebwerke sind kaum zu hören. Heftige Gewitterböen erfassen kurz nach dem Start den Riesen, doch in der Kabine kommt davon wenig an. Allerdings fallen einige Sauerstoffmasken von der Decke - offenbar weil die Klappen zu schwach ausgelegt sind. Nur an den Schwingungen der riesigen Tragflächen, die sich deutlich sichtbar gegen die Triebwerke verwinden, werden die Kräfte deutlich. Doch schon nach kurzer Zeit erreicht die A380 ihre Reiseflughöhe, zieht ein paar enge Kurven für das kleine Begleitflugzeug mit den Fotografen und nimmt dann Kurs auf die Pyrenäen und den Atlantik. Die 007 ist ein Testflugzeug, teilweise noch bestückt mit Messinstrumenten.
Doch sie bietet Kabinenkomfort wie später die Serienversionen: Helle Farben, riesige Staufächer, spezielle Ablagekästen an den Seiten, geräumige Toiletten und Bordküchen, sogar eine geräumige Behindertentoilette, eine Krankenliege, Liegesitze in Business- und First-Class.
Einblick in die Schaltzentrale
Im Cockpit ist reichlich Platz für Besucher. Insgesamt fünf Personen haben dort auf Sitzen Platz, nur zwei sind nötig um die Maschine zu fliegen. "Ein tolles Flugzeug", schwärmt Testpilot Absmeier mit einer Hand am Joystick, mit dem der Riese geflogen wird. "Trotz der Größe so beweglich. Meine absolute Lieblingsmaschine". Nach gut zwei Stunden setzt die A380 wieder zur Landung an. 22 Tonnen Sprit sind durch ihre vier Triebwerke geflossen. Der heftige Seitenwind sorgt für eine recht raue Landung. Wieder fallen die Masken, doch dann rollt der Riese wieder ans Terminal. Aus beiden Decks strömen über separate Gangways beeindruckte Journalisten - die A380 ist eine neue Dimension im Luftverkehr - in jeder Beziehung.
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