Emergency Landing LX1028 am 05.06.2009 in NUE

Dieses Thema im Forum "Swiss" wurde erstellt von LongWhiteCloud, 9. Juni 2009.

  1. LongWhiteCloud

    LongWhiteCloud Bronze Member

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    Hallo zusammen,

    ich möchte euch über einen in meiner Vielfliegerkarriere seltenen Vorfall berichten, der mich doch sehr nachdenklich gestimmt hat.

    Gebucht war ich auf dem Flug LX1028 von ZRH nach DUS.

    Nach dem Start verlief eigentlich alles wie immer. Nur als es plötzlich hektisch in der Kabine wurde weil neben mir auf 2B ein Passagier (HON)
    kurzfristig das Bewustsein verloren hatte und an Bord ein Arzt gesucht wurde war auf einmal nichts mehr normal. Es war aber keiner an Bord. Daraufhin hat sich der Kapitän dann für ein Emergency Landing in NUE entschieden. Nachdenklich hat mich vorallem gestimmt, dass es vom Zeitpunkt des Vorfalls an Bord
    ca. 40 Min gedauert hat bis wir in NUE gelandet sind. Danach ist das Flugzeug seelenruhig ausgerollt und 5 min über das Vorfeld gefahren.
    Erst dann konnte der Notarzt die Maschine stürmen und den Passagier versorgen.

    Auf die Nachfrage beim Purser erklärte der mir, dass sie über Land kein Kersion ablassen dürfen und deswegen zu schwer für eine Landung gewesen wären. Wenn man sich jetzt vorstellt, dass wir uns in einen der ziviliertesten Länder der Welt befindet, was die Infrastruktur angeht, finde ich das schon sehr erschreckend wie lange es dauert bis man jemanden medizinisch versorgen kann. Ich bin zwar kein Arzt, aber 40 Min zwischen Vorfall und Behandlung können in gewissen Krankheitsbildern durchaus viel zu spät sein, wobei dem Kapitän aus meiner Sicht nichts vorzuwerfen ist. Wenn er zu schwer gelandet wäre hätte er weitere 98 Passagiere in Gefahr gebracht. Die Dauer bis zur medizinischen Versorgung war subjektiv eine halbe Ewigkeit. Nach Refueling ging es dann weiter richtung final destination. Und in solch einem Fall hilft einem auch kein HON, SEN oder Business Ticket.

    Wünsche euch weiterhin many happy landings.

    LongWhiteCLoud
     
  2. foxyankee

    foxyankee Bronze Member

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    Hallo LangeweißeWolke!

    Der Kommentar des Pursers war leider Schwachfug.

    Ein Kurz- und Mittelstreckenjet kann kein Sprit ablassen, rein technisch ist das nicht möglich.
    Normalerweise geht eine Landung wenns dringend ist sehr viel schneller, man ist meist nach 10-15 Minuten am Boden. Da aber die ganzen Randbedingungen (Wetter an den Ausweichflughäfen) nicht bekannt sind nützt hier reiner Spekulatius nichts um deine Frage zu beantworten.

    Und ja: Bei einem v.a. Herzinfarkt zählt jede Minute!
     
  3. eb8

    eb8 Gold Member

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    Diesen Beitrag verstehe ich nicht:
    1) Von ZRH nach DUS liegen FRA und HHN auf der Strecke. Warum der Umweg über NUE?
    2) Wenn der Pilot Treibstoff loswerden musste, warum flog er dann dazu nicht direkt nach DUS?
     
  4. LongWhiteCloud

    LongWhiteCloud Bronze Member

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    ja wetter war einwandfrei, somit gab es hier keinerlei Einschränkungen.

    Ich hatte auch eher mit einer Landung in STR oder FRA gerechnet, NUE hatte mich dann auch verwundert. Schließlich liegt es nicht
    direkt offensichtlich auf der Flugroute.
     
  5. foxyankee

    foxyankee Bronze Member

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    Von der Flugroute her liegt NUE sehr günstig wenn die Landerichtung 10 aktiv war.
    Der Flug aus Zürich fliegt über Navigationspunkte MINGA-ETAGO nach HAREM, was ungefähr einer Linie Friedrichshafen-Göppingen-Aschaffenburg entspricht und wenn man dann querab Ludwigsburg nach rechts abdreht ist man schon fast im verlängerten Final für Nürnberg, also fliegerisch ideal.
     
  6. phieps

    phieps Pilot

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    Ich frage mich gerade, ob auf einem ZRH-DUS Flug die Maschine wirklich so viel Kerosin getankt hat, dass eine Landung auf etwa halber Strecke zu gefährlich wäre? Was war das eigentlich für ein Typ?
     
  7. FlyingFreak

    FlyingFreak Gold Member

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    ZRH-DUS ist normalerweise ein Avro. Die Swiss tankt, wie viele andere Airlines auch, wenn es geht nur am Heimatflughafen. Das Kerosin und die Flughafengebühren sind auswärts meist teurer, da tanken viele lieber einmal voll.
     
  8. LongWhiteCloud

    LongWhiteCloud Bronze Member

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    DIE LX1028 ist stets ein Avro "Jumbolino" wie auch an diesem Tag.
     
  9. piperpilot

    piperpilot Silver Member

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    Ja ... dann wollen wir doch mal rechnen:

    Ein AVRO RJ100 hat:

    Operating Weight (leer): 25,6t
    Volle Tanks (angenommen): 6t
    Zwischensumme: 31,6t

    Bis zur max. Abflugmasse von 45t bleiben also komfortable 13,4t für Pax'e und Gepäck.

    Nun unterscheidet es sich:

    Szenario 1, "volle Hütte", 97 Leute an Bord, geschätzt je 100kg inkl. Gepäck: 9,7t Zuladung.
    => Abflugmasse 41,3t
    => 20 Minuten Flug inkl. Takeoff verbrennen so ca. 1t Sprit
    => Masse beim Notfall: 40,3t
    => knapp über max. Landemasse von 40,1t

    Szenario 2, "halb leer", 45 Leute an Bord: 4,5t Zuladung
    => überhaupt kein Problem, sogar eine Landung 5 Minuten nach dem Start in ZRH wäre möglich.

    Ähnlich verhält es sich bei den meisten Kurzstrecken-Jets, d.h. man kann meistens sofort oder nach kurzer Zeit wieder landen. Das ist auch der wahre Grund, WARUM diese Flugzeuge keine Treibstoffablassventile haben.
     
  10. LongWhiteCloud

    LongWhiteCloud Bronze Member

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    mhh FLugzeug war bis auf den letzten Platz besetzt.
     
  11. piperpilot

    piperpilot Silver Member

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    Ja, dann lass noch ein paar Langstrecken-Umsteiger mit 35kg Gepäck dabei sein, dann kommt's schon hin mit dem Überschreiten der Landemasse.

    Andere Frage ist natürlich, ob man in so einem Fall unbedingt randvoll tanken muss.

    Von einer anderen Airline kenne ich die Policy, dass unnötiger Kraftstoff nur bis zur max. Landemasse zugetankt wird, aus besagtem Grund.
     
  12. foxyankee

    foxyankee Bronze Member

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    Das ist nicht richtig.
    Sehr oft (und das immer geplanterweise) ist es ein Avro, aber es wird der Flug auch häufiger mal mit A320 geflogen.
     
  13. coppi

    coppi Silver Member

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    Interessante Geschichte.

    Für solche Fälle können Airlines übrigens Telemedizin Einheiten einsetzen - klar, eine zusätzliche Investition. Emirates hat solche Teile auf ihren A380 an Bord, im Prinzip eine kleine Remotestation im Kofferformat. Der Patient wird in der Luft wie bei einem EKG mit dem Gerät verbunden, ein FA ist per Kopfhörer in der Lage die Situation mit einer Ärzte-Leitstelle zu besprechen die die Patientendaten live verfolgen können (Verbindung über Satcom). Die Anschaffung (mit Servicevertrag ca. 1 Mio EUR über die Betriebsdauer von mehrern Jahren) rechnet für den Patienten sowieso, aber auch für Emirates bereits wenn bei der A380 nur ein einziges Mal das unnötige Ablassen des Treibstoffs (250 Tonnen Kerosin bei Start sind doch recht viel...), plus Lande/Startkosten, Kompensation der Passagiere bei verpassten Anschlüssen etc.. verhindert werden kann.

    Leider gibts immer noch nicht wirklich viele Airlines die sich zu solchen Massnahmen entscheiden.
     
  14. BadMat

    BadMat Gold Member

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    Hatte denn nicht schon eine EK A380 ein Emergency Landing in MUC?
     
  15. zilla

    zilla Bronze Member

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    Hat ja nichts damit zu tun, nur weil das Gerät an Bord ist, wird man bei schweren Erkrankungen nicht weiterfliegen... Wenn mit diesem Gerät erkannt wird, dass ein schwerer Herzinfarkt vorliegt, wird man ja weiterhin eine Emergency Landung machen. Es geht eher darum, bei "kleineren" Sachen wie z.B. einem Schwächeanfall weiterfliegen zu können, wenn es für den Patienten zumutbar ist, und das kann mit so einem Gerät eher erkannt werden als ohne und verhindert vielleicht auch die eine oder andere Landung.
     
  16. oberneulander

    oberneulander Pilot

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    das ist zu vereinfacht - es gibt eine reihe von älteren flugzeugtypen, wo man das nicht so einfach (sowohl platzmäßig als auch technisch - thema satcom) nachrüsten kann, selbst wenn man wollte. der avro gehört dazu.
     
  17. coppi

    coppi Silver Member

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    ja damals ist ein kleines Maedchen aus Pakistan noch an Bord gestorben. da half leider auch die beste Ferndiagnose nichts mehr...
     
  18. manolofisi

    manolofisi Silver Member

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    Ich bin Arzt und es steht doch nur da, dass ein Passagier kurzfristig das Bewußtsein verloren hat!! Kein Wort von Herzinfarkt, Schlaganfall oder sonstigen Dingen!! Eine Synkope kann viele Ursachen haben, die meisten sind völlig banal - zuwenig getrunken, vagaler Reflex, RR-Schwankungen,...

    Solche Synkopen sind weder lebensbedrohlich noch irgendie ein Notfall!! Meist reicht Beine hoch lagern und Kontrolle der Vitalparameter!!

    Wenn man in einem Flugzeug sitzt (oder in einem Zug überland,...) dauert das nun mal eine Zeit, bis man ärztliche Hilfe bekommt!! Leute glauben immer, der Notarzt ist in 3 Minuten vor der Tür!! Das dauert doch auch in einer Stadt in der Regel 15-20 Minuten bis der Arzt da ist!!

    Also ich kann hier der Crew absolut keine Vorwürfe machen - ich wäre die Zieldestination angeflogen!!
     

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