Der Flughafen-Bahnhof verliert fast drei Viertel aller Fernverbindungen.
Düsseldorf. Von täglich 63 Fernzügen fallen bald am Fernbahnhof des Flughafens 46 weg. Bahnchef Hartmut Mehdorn wird an diesen Einschränkungen wohl nichts mehr ändern. Das wurde am Montagabend beim Ständehaus-Treff vor rund 550 Gästen aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft deutlich.
Flughafen-Chef Christoph Blume nutzte zwar die Gelegenheit, beim Bahn-Chef Werbung für die Wünsche des Airports zu machen – aber da bislang nicht mal sein Beschwerdebrief durch Mehdorn beantwortet wurde, weiß er selbst, wie wichtig das Düsseldorfer Anliegen beurteilt wird.
Der Ärger über das Verhalten der Bahn speist sich zu einem Gutteil aus der verfehlten Informationspolitik. Neben dem Flughafen wurden auch die Airlines und die Reiseveranstalter nicht frühzeitig über die Änderungen im Fahrplan informiert. Die Folge: In den Katalogen der Reiseveranstalter wird mit dem guten Anschluss des Flughafens an die Bahn geworben – eine Sackgasse.
TV-Moderator Frank Plasberg („Hart, aber fair“) fühlte Mehdorn gleich zu Beginn seines Interviews auf den Zahn. Der aber wies auf die Zwänge hin, die sich aus Baustellenplanung und Passagierzahlen ergeben.
• So viele Züge fallen weg: Derzeit halten an einem normalen Werktag rund 350 Bahnen am Flughafen-Fernbahnhof, die meisten davon sind Nahverkehrszüge. Im Fernverkehr fahren schon jetzt viele Züge durch, aber noch halten 63 täglich. 46 davon – das sind fast zwei Drittel – werden ab dem Fahrplanwechsel am 10. Dezember ebenfalls nicht mehr halten: Eine IC-Linie (Emden-Luxemburg) soll dauerhaft, eine ICE-Linie (Köln-Berlin) zumindest für ein Jahr ohne Stopp durchfahren.
• Das sagt der Flughafen: „Wir verlieren Direktverbindungen nach Münster, Hannover, Berlin und ins Emsland. Aus diesen Regionen reisen jährlich 225 000 Passagiere mit der Bahn an, das wissen wir aus Fahrgastbefragungen“, sagt Flughafensprecher Torsten Hiermann. Natürlich kämen diese Menschen per Umstieg immer noch zum Flughafen, aber: „Das ist kundenunfreundlich – und außerdem ist die Bahn nicht für besondere Pünktlichkeit bei Umstiegen bekannt.“ Ein kleiner Seitenhieb am Rande.
• So kontert die Bahn: Der Flughafen sei aus ganz Nordrhein-Westfalen nach wie vor sehr gut erreichbar, meint Bahn-Sprecher Udo Kampschulte mit Verweis auf die Züge des Regionalverkehrs. Und dann gibt er wiederum dem Flughafen einen mit: „Der unzuverlässige SkyTrain hat auch nicht gerade zur Attraktivität des Bahnhofs beigetragen.“
• Zu wenige Fahrgäste: Eine bemerkenswerte Aussage, denn sie verweist auf das eigentliche Problem. Denn der Fernbahnhof ist von Anfang an zu groß gebaut worden, die Erwartungen in die Fahrgastzahlen wurden nie erfüllt. Bei der Eröffnung im Jahr 2000 hieß es, man wolle den Anteil der Passagiere, die mit der Bahn anreisen, von 17 auf 30 Prozent erhöhen – das wären rund 4,8 Millionen Menschen im Jahr. Diese Zahl wurde zu keiner Zeit auch nur ansatzweise erreicht. Wie viele Menschen tatsächlich den Bahnhof nutzen, darüber schweigen sich Bahn und Flughafen wohlweislich aus. Kein Wunder: Niemand möchte zugeben, dass von den rund 75 Millionen Euro Baukosten ein Großteil in den Sand gesetzt wurde.
• Von Anfang an zu groß: Bahn und Flughafen verweisen darauf, dass der Bahnhof auch für zukünftiges Wachstum gebaut worden sei. „Der Bahnhof war von Anfang an überdimensioniert“, sagt dagegen Iko Tönjes vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). „Der Flughafen hat gedacht, er könnte auf Kosten der Bahn ein zweites Terminal dazubekommen.“ Tatsächlich wurden im Bahnhof auch Check-In-Schalter eingebaut. Doch zu wenige Passagiere wollten sich schon dort von ihrem Gepäck trennen. Vor drei Jahren machten die Schalter dicht, ein großer Teil des Gebäudes ist seither praktisch nutzlos.
In den Bereich Fehlplanung gehört auch das tote Gleis im Bahnhof: Der Schotter liegt, Schienen nicht. „Damit sollte ein nahe gelegenes Gewerbegebiet angebunden werden, es war für Güterverkehr vorgesehen, der sich leider nicht ergeben hat“, sagt Kampschulte. Auch schade...
28.11.2006
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