Privillegien im Ernstfall

Dieses Thema im Forum "Business & First Only" wurde erstellt von Guest, 26. April 2007.

  1. Guest

    Guest Guest

    Aber gerade diese starre Orientierung an der Checkliste hat ja den Totalverlust zumindest begünstigt und wenig geholfen..

    Der Wellensittich
     
  2. MiPf76

    MiPf76 Platinum Member

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    Nein, aus dem Untersuchungsbericht geht hervor, dass dies in diesem Fall keinen Einfluss hatte. Die entsprechende Stelle aus dem Untersuchungsbericht habe ich oben übrigens zitiert... :?

    Das Unglück hat allerdings aufgezeigt, dass die vorhandenen Checklisten/Prozeduren unzweckmäßig waren, und dass im Fall von Rauch im Cockpit generell eine sofortige Notlandung notwendig ist. Dies ist aber unabhängig davon, dass im Falle der Swissair-Maschine auch die sofortige Notlandung nach Einschätzung der Ermittler zum Schweitern verurteilt gewesen wäre.
     
  3. Guest

    Guest Guest

    Das tönt ja fast nach "böse böse Piloten" :roll:

    Ich verweise noch einmal auf den Untersuchungsbericht. Solange Kerosin abgelasen wurde, war der emergency noch nicht deklariert.

    Zudem ist es nicht die Aufgabe von diesem Forum, die Arbeit derjenigen Piloten zu kritisieren. "Hätte und wäre" machen die 229 Menschen an Bord nicht wieder lebendig.

    Tut mir leid, dass ich da etwas heftig darauf reagiere, aber mir kommt es wie gestern vor, als ich am Morgen des 3.9.1998 in den 6-Uhr-Nachrichten die erste Meldung hörte - 10 Minuten, bevor ich zum Flughafen (ZRH) fuhr, um mit der Swissair nach BUD zu fliegen. Die ganze Crew war den Tränen nahe.
    Zudem war eine Stewardess im SWR111 aus unserem Dorf und meinen Eltern wohlbekannt...
     
  4. MiPf76

    MiPf76 Platinum Member

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    Damals gab es in der Presse ja relativ schnell eine Vorverurteilung der Piloten. Auch deshalb geht der Untersuchungsbericht auch auf die Frage ein, ob die Piloten, wenn sie sich nicht an die Checkliste gehalten hätten, das Unglück hätten vermeiden können. Mit der entsprechenden Entlastung im Untersuchungsbericht.
     
  5. Guest

    Guest Guest

    Ok, das Problem war wohl damals, dass die Maschine einfach schon zu weit über dem offenen Meer war, als dass sie es noch bis zum nächsten Airport hätte schaffen können.

    Allerdings stellt sich immer noch die Frage, ob man nicht durch einen sofortigen "Sturzflug" schnell hätte sinken und noch eine kontrollierte Notwasserung hätte durchführen können, dann hätte es gewiss wenigstens Überlebende gegeben.

    Der Wellensittich
     
  6. Guest

    Guest Guest

    Schau dir mal den Ablauf auf Seite 17 an: Eine Minute, nachdem "Emergency" deklariert war, war die Maschine offensichtlich nicht mehr unter Kontrolle, und etwas mehr als 6 Minuten später war alles vorbei.
    Bis 01:24 deutete ja alles auf eine normale Sicherheitslandung hin.

    Deshalb verstehe ich den Sinn deiner Frage nicht ganz...(und den mit der "kontrollierten Notwasserung" schlage dir aus dem Kopf, so etwas ist das allerletzte, was eine Crew tun würde).
     
  7. MiPf76

    MiPf76 Platinum Member

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    Vielleicht ist der Hergang etwas unklar.

    Um 01:10 habe die Piloten zum ersten Mal Rauchgeruch wahrgenommen und das als ein Fehler der Klimaanlage bewertet.
    Um 01:14 haben die Piloten festgestellt, das wirklich ein Problem vorliegt. Darauf haben sie PAN PAN gesendet.

    Der erstmögliche Zeitpunkt, sich für eine sofortige Notlandung ohne Kerosinablassen zu entscheiden, wäre also 0:14 gewesen (laut Untersuchungsbericht und gesundem Menschenverstand).

    Die Piloten haben sich aber nicht für eine sofortige Notlandnung entschieden (was auch nach damaligem Kenntnisstand abwegig gewesen wäre), sondern sind Absprache mit dem Tower abgedreht, um Keriosin abzulassen.

    Im Bericht wird nun geschaut, was wäre gewesen wenn...wenn die Piloten um 01:14 DIREKT zur Landebahn geflogen wären, ohne Kerosinablassen etc.

    Eine Landung wäre frühstens (unter optimalen Bedingungen, die ja nicht vorlagen) um 1:27 möglich gewesen.

    Spätestens ab 1:25, also ca. 2 Minuten vorher, war das Flugzeug aber praktisch nicht mehr manövriebar.

    Daher kommt das Untersuchungsteam zu dem Schluss, dass selbst dann. wenn die Maschine nicht zum Meer abgedreht wäre, eine Landung eigentlich unvorstellbar gewesen wäre.

    Und das schonmal zitierte:
    Damit macht der Untersuchungsbericht sämtliche Schuldzuweisungen in Richtung der Piloten überflüssig.

    Das ganze hat also auch nichts damit zu tun, dass sich die Piloten über dem Meer befunden haben, selbst eine direkte Notlandung hätte nicht funktioniert. Ja, vielleicht wäre die Maschine kurz vor der Landebahn zerschellt, vielleicht hätte jemand überlebt...aber das ist in meinen Augen etwas dürftig, um den Piloten vorzuwerfen, dass sie unflexibel reagiert hätten.
     
  8. Guest

    Guest Guest

    Und wenn, hätten das vielleicht ein paar Journalisten von Revolverblättern gemacht.
    Jetzt, wo der abgeschlossene Untersuchungsbericht vorliegt, hat sowieso niemand mehr das Recht dazu. Was dort drin steht, das ist.

    Und die sogenannte "normale Sicherheitslandung" haben wohl einige hier im Forum schon mitgemacht - bei mir war es einmal ein Triebwerksausfall bei einem AVRO von Air China. Absolut undramatisch.
     
  9. MiPf76

    MiPf76 Platinum Member

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    Sehe ich auch so.
     
  10. Guest

    Guest Guest

    Eine Frage bleibt: was würden heute Piloten machen, wenn sie einen Rauchgeruch wahrnehmen??

    Ich denke und hoffe, dass man aus diesem schrecklichen Unfall wenigstens gelernt hat, swas nicht als "harmlose" Klimaanlagenfehlfunktion abzutun..

    Weiter würde mich interessieren, ob heutzutage das Risiko eines solchen Kabelbrandes ähnlich hoch wie vor 9 Jahren ist oder ob man da flächendeckend nachgebessert hat??

    Die MD-Flieger sterben ja langsam aus, aber sind Airbus und Boeing disbezüglich 100%-ig sicher?


    Der Wellensittich
     
  11. MiPf76

    MiPf76 Platinum Member

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    Die Piloten haben doch nicht etwas einfach als "harmlose Klimaanlagenfehlfunktion" abgetan. Der Vorgang ist auch im Untersuchungsbericht beschrieben. Ein Pilot hat um 1:10 hat einen Geruch wahrgenommen, der dann aber gleich wieder verschwunden war. Erst um 1:14 ist sichtbarer (und riechbarer) Rauch aus der Lüftung gekommen, was von den Piloten als "das sieht nicht gut aus hier oben" bewertet wurde.

    Auch heute würden die Piloten zunächst feststellen, ob es sich wirklich um Rauch handelt. Sollte das bestätigt sein, ist m.W. mittlerweile eine Notlandung vorgeschrieben (siehe den Empfehlungsteil im Untersuchungsbericht).

    Das Hauptproblem war übrigens nicht nur der Kabelbrand, sondern das im Flugzeug verwendete Isoliermaterial, das zwar nach entsprechender Norm feuerfest war, aber nach der Normzeit dann in Flammen aufging.

    Dieses Material wird heute noch in vielen Flugzeugtypen verwendet.
     
  12. Guest

    Guest Guest

  13. MiPf76

    MiPf76 Platinum Member

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    Danke für den Link. Leider fehlt in der Reportage aber die Aufklärung im Rahmen der Untersuchung.

    Es gibt dazu eine sehr gute Reportage, die 2003 auf Arte ausgestrahlt hat.

    Falls jemand dazu einen Link hat, wäre ich dankbar.
     

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