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„Lufthansa schafft Zeitschriften an Bord ab“ – diese Mitteilung gab die Fluglinie vergangene Woche raus. Sie werden durch „eJournals“ ersetzt. Ist dies der richtige Weg? Nun, es gibt hier definitiv klare Meinungen. In dieser Kolumne gibt es die Sichtweise unseres Teammitglieds Gerhard Koronek aus Wien.
Woran erkennt man den Brillenträger künftig an Bord der Lufthansa? An seinem triangulierenden Wischen am Touchscreen, mit dem er zu klein geschriebene Beiträge auf dem Ipad oder anderen Devices für sich leserlich macht. Mit Jahreswechsel schafft der Kranich die Printmagazine an Bord auch in Business ab, je nach Status und Reiseklasse gibt es dafür 1-20 kostenlose Downloads. 20 für den HON/F, 3 für den SEN/C Pax. Eine wohl eklatante Diskrepanz, ein digitales Add-On in der humidorlosen Loungewelt abseits von München und Frankfurt.
Mitte 20 habe ich mein erstes Handy gekauft, mein Sohn zweifelt daran, wo doch jeder Volksschüler eines hat. Trotzdem schätze ich es, unlängst gute 10 Stunden westbound von Peking nach Wien am Ipad zu lesen. Schon sehr praktisch für einen Tagflug gegen die Zeit und genau dafür hat mir meine Frau eines ihrer beiden mitgegeben. Ich solle mir auch eines kaufen.
Ob Mobiltelefon, Notebook oder dessen neue Mischformen, bei mir steht und stand die berufliche Nutzung im Vordergrund. So assoziiere ich jeden Griff zum digitalen Begleiter auch mit Arbeit. Wenn diese Geräte ruhen, kann ich mich mit einer Zeitschrift im Bett oder auf der Couch entspannen.
In Zeitschriften weiter- oder zurückblättern, diese beiseite zu legen um einen Gedanken zu folgen, das wird es 2017 an Bord der Lufthansa nicht mehr geben. Nur mit mitgebrachten Magazinen oder in Begleitung des digitalen Dolmetschers, der einzeln und entblößt durch die Security muss.
Um das papierlose Lesen an Bord zum Laufen zu bringen, muss man sich aber vorher darum kümmern, den von Lufthansa angebotenen Inhalt auch runterzuladen, die alleinige und selbstverständliche Beistellung der eigenen Infrastruktur reicht nicht.
„Mach es Dir doch selbst“, nein das Motto, mit dem das unmögliche Möbelhaus aus Schweden seit Jahrzehnten so erfolgreich ist, lautet nicht so, aber ähnlich. Wir stellen unsere Arbeitszeit dem Leistungsanbieter zur Verfügung, drucken Bordkarten zu Hause oder im Hotel aus, um eventuelles Data-Roaming zu vermeiden, bekommen in der Lounge ein eventuell 16stelliges, case-sensitives Kennwort mit Sonderzeichen, die nur über eine reguläre Tastatur fehlerfrei einzugeben sind.
Früher, im prädigitalen Zeitalter, hätte man an dieser Stelle die Analogie zwischen Bring- und Holschuld angewandt, um eine Leistung zu beurteilen, deren Verfügbarkeit an die eigene und vorherige Mitwirkung gebunden ist.
Heute, im Zeitalter der Sharing Economy unterscheidet der digitale Marketer zwischen „push“ und „pull“ Leistungen. „Push“ sind die oft unerwünschten Mails, die – (aus Sicht der Werbetreibenden) – sicher im Postfach ankommen müssen, „pull“ jene Informationen, die sich der Informationssuchende aus Socialmedia-Quellen selber und freiwillig holt.
Die Liste der Dinge, die wir in einem definierten Zeitfenster vor dem Flug einplanen müssen, wird immer länger.
Der Punkt des Leistungs- und Gefahrenübergangs hat sich wieder zu unseren Ungunsten geändert. Ich will dem Papier nicht aus haptischen und assoziativen Gründen nachweinen, wenngleich ich die geschätzte Entspannung beim Blättern und Schmökern vermissen werde. Ich fliege auch deshalb gerne innereuropäisch Biz, um nicht vorher in der Lounge essen zu müssen, weil es an Bord nichts mehr gibt, sondern komme lieber später, um dann an Bord zu essen und diese Zeit sinnvoll zu nutzen.
Wenn man die Passagiere zur Digitalität verpflichtet, geht das meiner Ansicht nach nur in Einklang mit funktionierendem WLAN an Bord. Damit die Liste an übernommenen Verantwortungen vor dem Flug nicht noch länger wird.
Gerhard Koronek
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