Austrian Airlines Pressekonferenz
Vier Wochen nach der Pressekonferenz von Österreichs Parade-Airliner Niki Lauda, in der er die Zukunftspläne seiner Fluglinie sowie die verstärkte Kooperation mit Air Berlin bekannt gab, stand das nächste mediale "Großereignis" in Österreichs Airline-Branche ins Haus.
Die Vorstände der Austrian Airlines, Peter Malanik und Andreas Bierwirth, luden in die Firmenzentrale am Flughafen Wien, um im Rahmen einer Pressekonferenz sowohl die neue Marktstrategie, als auch den Sommerflugplan 2010 der versammelten (Fach)presse vorzustellen.
Bierwirth eröffnete die Veranstaltung mit der Vorstellung der neuen Marktstrategie, die unter dem Slogan "Austrian Next Generation" den heimischen Flag-Carrier wieder auf Erfolgs- und Gewinnkurs trimmen soll. Als Eckpfeiler dieser Strategie nannte er einerseits kostenoptimierende Maßnahmen: In einem restrukturierten Unternehmen sollen Kosten gesenkt und bestehende Synergien mit Lufthansa besser als bisher genutzt werden.
Andererseits will man durch attraktivere Angebote und konkurrenzfähigere Preise den Kundennutzen erhöhen und damit sowohl die Passagierzahlen, als auch die Umsätze steigern. Last but not least soll wieder mehr als bisher der Kunde im Mittelpunkt stehen. Erklärtes Ziel ist es, mit einem zielorientierten Team kontinuierlich an der Verbesserung des Unternehmens im Allgemeinen und des Produkts im Besonderen zu arbeiten.
Was heisst dies nun aber konkret?
Wie bereits bekannt, werden fast alle 50-Sitzer ehebaldigst ausgemustert. Hier habe man sich teilweise zu sehr an vollzahlenden Business- und Economy-Kunden orientiert, man sei dem Markt "hinterhergeschrumpft" – mit dem Resultat daß auf großen Märkten kleine Flugzeuge und auf kleinen Märkten große Flugzeuge im Einsatz waren.
Man habe sich hier auch fälschlicherweise von Märkten zurückgezogen und somit Konkurrenz angelockt, die nun auf manchen Strecken Network-Carrier wie die AUA zu Exoten gemacht hat.
Andreas Bierwirth
"Es geht darum, effizientere Preisgestaltung zu machen", sagte Bierwirth, und führte als Beispiel die Aufgabe des Eckpfeiler-Marketings an. Es wird in Zukunft nicht mehr einen einzigen Eckpreis geben, sondern flexible Preise, die sich nach der Auslastung richten.
Allerdings wird sich die AUA nicht in Richtung OneWay-Preis öffnen, alle zukünftigen Angebote werden weiterhin Hin- und Rückflüge, Gebühren, Taxen, Gepäck, Drinks & Snacks sowie das Sammeln von Meilen beinhalten.
Auch die Frequenz der Flüge wird auf den wichtigen Strecken erhöht, einige dieser Destinationen werden mit Konzernschwestern wie der Brussels Airlines, Swiss, Lufthansa oder BMI bedient. Alle Frühflüge zu wichtigen westeuropäischen Destination werden zudem über Pier-Gates abgefertigt werden, um den Passagieren gerade in der Früh größtmöglichen Komfort und "die zehn Minuten mehr Zeit" zu bieten.
Im Gegenzug werden wenig profitable Strecken eingestellt. Dies dient nicht nur der Senkung der Kosten, sondern hilft auch, eine der Auflagen aus Brüssel für die Übernahme durch die Lufthansa zu erfüllen. Mehr dazu später.
Die wichtigste Neuerung ist aber der Einsatz grösserer Flugzeuge auf vielen Strecken. Durch die Ausmusterung der kleinen 50-Sitzer und durch die Integration der bisher hauptsächlich auf Charter-Strecken eingesetzten Boeing 737-700/800 können viele Strecken von Flugzeugen mit höherer Sitzplatzkapazität geflogen werden.
Eine interessante Parallele zu Niki/Air Berlin-Synergien wurde auch hier genannt. Durch optimierte Flugpläne und Kooperation mit Konzernschwestern können auf einigen Strecken wie zum Beispiel Wien-Brüssel Overnight Stops eingespart werden.
Überhaupt habe in letzter Zeit eine Annäherung der Geschäftsmodelle von Low Cost Carriern und Netzcarriern stattgefunden. Allerdings sei zu bedenken, daß noch niemals sowohl ein Low Cost Carrier als auch ein Netzwerk Carrier mit gleicher Home Base parallel erfolgreich waren, wies Bierwirth hin.
Hier war zwischen den Zeilen zu hören, daß man in Zukunft wohl der Konstellation Niki/Air Berlin am Flughafen Wien den Kampf ansagen will und die neue Marktstrategie wohl auch ein erster Schritt in diese Richtung ist.
Stichwort Flughafen Wien: Das Drehkreuz VIE soll verstärkt wieder zum Laufen gebracht werden. War man in der Vergangenheit wohl zu sehr „westorientiert“ (es gab gute Verbindungen zu attraktiven Uhrzeiten aus osteuropäischen Destinationen nach Westen, während es umgekehrt nicht so gut aussah), will man dies beginnend mit dem Winterflugplan 2010/11 verbessern und plant 30 zusätzliche Verbindungen von West nach Ost.
In diesem Zusammenhang fand auch die Verkehrsrechte-Problematik mit Rußland Erwähnung. Der dritte Moskau Flug sei absolut notwendig, um Passagieren ex Moskau eine optimale Anbindung an westeuropäische Destinationen via Wien bieten zu können. Allerdings sei auf Seiten der AUA nicht ganz klar, woran es hakt, da die russische Seite mit Ausnahme der Samstag-Slot Thematik in Innsbruck bisher keine klaren Forderungen auf den Tisch gelegt habe. Man gehe aber davon aus, daß der eingereichte Sommerflugplan 2010 von russischer Seite genehmigt werde, über einen etwaigen Plan B wurde allerdings der Mantel des Schweigens gehüllt.
Alles in Allem erwarte man einen Zuwachs bei den Passagierzahlen von rund 1. Mio Fluggästen für den Zeitraum April 2010 bis April 2011. Damit einhergehend sei aber auch der Flughafen Wien gefordert, der Austrian Airlines entgegenzukommen und in einigen Bereichen Vergünstigungen anzubieten.
Peter Malanik
Da die AUA aber nicht nur ex Wien operiert, kam auch die Bundesländerthematik zur Sprache. Seitens OS wäre es wünschenswert, wenn man einen Teil der Flüge unter dem Banner der Public Service Obligation fliegen könne. Dies sei etwa in Frankreich bei etwa 50% und in Großbritannien bei etwa 33% aller Innlandsflüge der Fall. Warum sich die Bundesländer dem verwehren, verstehe man nicht ganz. Konkrete Änderungen oder Streichungen wurden allerdings auch in diesem Fall nicht explizit erwähnt.
Egal aber, woher der Kunde kommt oder wohin er fliegt, stellte man noch weitere Maßnahmen und Produkte vor, die dazu dienen sollen, die Attraktivität der Marke "Austrian Airlinies" für den Passagier zu steigern.
Die Erste, ein neu gestalteter Internetauftritt, ist bereits seit ca. zwei Wochen umgesetzt. Neue Services, wie zum Beispiel die Möglichkeit, sich beim Web-Checkin ein Upgrade zu kaufen, mittels zusätzlich gekauftem Voucher bei einem Economy Ticket Zutritt in die Lounge zu bekommen oder aber bereits bei der Buchung auch einen Voucher für etwaiges Übergepäck zu kaufen, seien in Planung und werden sicher in der einen oder anderen Form umgesetzt werden. Daß man dabei auch immer mehr auf die neuen Formen des Checkin, wie Web-Checkin oder Handy-Checkin setze, um dem Kunden langes und lästiges Anstellen an Schaltern zu ersparen, versteht sich natürlich von selbst.
Natürlich wolle man auch die exzellente Pünktlichkeit am Zielort halten, so sei man im Jänner 2010 die Beste aller 23 AEA-Airlines gewesen, was die Ankunftspünktlichkeit anlangt.
Zusammengefasst bedeute all das für den Passagier einen Komfort-, Zeit-, und Preisvorteil – wichtige Argumente im Kampf um Kunden und Marktanteile.
Wie bereits erwähnt, unterliegt dieser Kampf aber gewissen Auflagen aus Brüssel: So darf erst dann an Expansion gedacht werden, wenn man wieder in den schwarzen Zahlen fliegt, dies aber ohne mehr Passagierkilometer zu fliegen. Das heisst, wenig profitable Langstrecken einzustellen und dafür mehr profitable Kurzstrecken zu fliegen oder mehr Passagiere auf bestehenden Kurzstrecken transportieren zu können. Beiden Möglichkeiten wird durch den Einsatz grösserer Flugzeuge und einer erhöhten Frequenz auf gewissen Strecken Rechnung getragen.
Peter Malanik beschrieb die gegenwärtige Situation der AUA sehr treffend mit folgendem Statement: "Wir müssen lernen, mit Handschellen gefesselt zu schwimmen. Dies besser und schneller als die Konkurrenz." Nachsatz: "Aber wenn wir so gelernt haben, zu schwimmen, wie glauben Sie geht es erst, wenn wir die Fesseln los sind?"
Generell war die Entschlossenheit zu spüren, den heimischen Flag Carrier wieder auf Gewinnkurs zu führen, ein Faktum das auch auf das fast gänzlich ausgetauschte Management zurückzuführen ist, das völlig neuen "Spirit" mitbringe, wie es die Vorstände ausgedrückt haben.
Auf die Mitarbeiter angesprochen, bedauerte Malanik den Personalabbau, machte aber klar, daß dieser Prozeß sein musste, um der Airline überhaupt eine Chance zu geben.
Er betonte aber auch, dass der Abbau mit Ende 2010 vollständig abgeschlossen sein sollte, bei einem Personalstand von ca 6.000 Mitarbeitern.
Mit der ebenfalls bereits erwähnten Ausmusterung der 50 sitzigen kleinen CRJs und Dash 8-300 sei auch die Flottenkonsolidierung vorerst abgeschlossen, man stehe derzeit bei 85 im Einsatz befindlichen Flugzeugen.
Zum Schicksal der CRJs befragt, war eine interessante Antwort zu hören. Da die CRJs am Weltmarkt derzeit als Ganzes kaum verkaufbar sein, werden sie in Teil-Form am Ersatzteilmarkt angeboten und werden dort wohl noch einigermaßen profitabel absetzbar sein.
Mit der Vorstellung der neuen Catering-Produkte für die einzelnen Strecken und Preismodelle, sowie die Überleitung in den Frage und Antwort-Teil fand eine überaus interessante Pressekonferenz ihren Abschluss.
Es bleibt abzuwarten, wie erfolgreich die neue Strategie greift und wie sich vor allem das Duell Low Cost Carrier auf der einen Seite, vertreten durch Niki/Air Berlin, und Network Carrier auf der anderen Seite, mit AUA/Lufthansa als Kontrahent weiterentwickelt.
Daß man trotz gefesselter Hände beim Schwimmen nicht untergehen wird, das dürfte aber feststehen.
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