Wiener Zeitung: Herr Generaldirektor, welchen Netto-Erlös hat die vor kurzem abgeschlossene Kapitalerhöhung gebracht?
Alfred Ötsch: Brutto waren es 367 Millionen Euro. Abzüglich der Spesen für die betreuenden Banken, sind es knapp unter 350 Millionen. Die Preisnachlässe für die Kleinanleger wissen wir noch nicht. Bis 20. Dezember ist Zeit zum Einreichen. Wir schätzen, dass die Kosten hier 2 bis 4 Millionen ausmachen.
Wiener Zeitung: Wie fühlen Sie sich nach der Kapitalerhöhung, mit der Sie ein Gesundschrumpfen und ein Sozialpaket finanzieren müssen – statt das Geld in Zukäufe und Expansion zu investieren?
Alfred Ötsch: Man muss die Situation sehen, aus der wir kommen. Im vergangenen Jahr haben wir einen dreistelligen Millionen-Verlust hingelegt. Hauptgrund war unter anderem der stark angestiegene Kerosin-Preis. Jetzt geht es darum, ein Geschäftsmodell aufzustellen, das von einem hohen Kerosin-Preisniveau ausgeht und es trotzdem ermöglicht, deutlich in die positiven Zahlen zu kommen. Das war die Aufgabenstellung – und da ist es einfach notwendig gewesen, Maßnahmen zu setzen. Das heißt: Die Verluste, die wir nicht ins Positive drehen können, schneiden wir ab, und gleichzeitig verstärken wir unsere Stärken. Das ist eine sehr einfache Strategie – man muss es nur machen – und bei weitem kein Schrumpfungsszenario. Wo wir stark sind (im Osteuropa-Verkehr, Anm.) und stärker wachsen als der Markt, dort investieren wir auch. Aber der Schritt bei der Redimensionierung der Langstrecke war einfach notwendig für die Gesundung des Unternehmens. Statt 77 wöchentlichen Frequenzen fliegen wir jetzt 59.
Wiener Zeitung: Sie verhandeln gerade einen Sozialplan, der 87 Millionen Euro kosten wird. Wie viele Mitarbeiter sind denn nun davon betroffen? Kolportiert werden ja bis zu 1000 . . .
Alfred Ötsch: Ich habe mit der Belegschaftsvertretung vereinbart, dass wir über Personalzahlen erst dann reden, wenn alles abgeschlossen ist. Und alles abgeschlossen heißt: Es ist das große Ziel, alles einvernehmlich (über einen "Golden Handshake", Anm.) zu machen. Und da sind wir mitten drin. Das Thema Piloten ist weitgehend abgeschlossen. Hier kann man heute schon sagen: Es wird keine einzige Kündigung geben.
Wiener Zeitung: Auch heuer wird die AUA Verluste einfliegen. Ab wann wollen Sie denn wieder Geld verdienen?
Alfred Ötsch: 2007 ist ein Übergangsjahr. Da wird ein Großteil der Sanierungsmaßnahmen umgesetzt. Die Langstreckenredimensionierung soll großteils im ersten Quartal abgeschlossen sein. Es wäre theoretisch möglich, dass wir schon im 2007 Jahr positiv sind, aber da müsste auch der Kerosin-Preis für uns spielen.
Wiener Zeitung: Haben Sie Treibstoff-Hedging (Absicherung gegen unvorhergesehene Preissprünge, Anm.) gemacht?
Alfred Ötsch: Im Moment sind wir ungehedgt. Wir überlegen aber, bis zu 20 Prozent unseres Treibstoffvolumens zu hedgen, wenn die Voraussetzungen günstiger sind.
Wiener Zeitung: Gehen die Maschinen, die die AUA im Langstreckenverkehr abbaut, an die Swiss?
Alfred Ötsch: Bei den beiden Airbus A-340 gibt es eine Vereinbarung, dass sie langfristig an die Swiss verleast werden. Zu den vier Airbus A-330 haben wir derzeit 60 Anfragen.
Wiener Zeitung: Kommt jetzt noch ein neuer Boeing-Flieger aus dem Lauda-Vertrag dazu?
Alfred Ötsch: Die vierte Boeing 777 kommt Ende Jänner. Und dann haben wir die Langstreckenflotte komplett. Das sind vier 777 und sechs 767 – alle mit der neuen Business-Class mit Schlafsesseln. Und wir servieren wieder warmes Essen.
Wiener Zeitung: Stichwort Flottenharmonisierung – wie schauen da Ihre Pläne aus?
Alfred Ötsch: Auf der Langstrecke haben wir das mehr oder weniger erreicht und können sehr gut leben bis zum Zeitpunkt des Totalersatzes. Das wird dann voraussichtlich 2012/2013 sein. Nächstes Jahr wird die Entscheidung zwischen Boeing 787 und Airbus 350 fallen. Auch auf der Mittelstrecke wollen wir auf eine Type harmonisieren. Da haben wir derzeit 20 Airbus – 319, 320, 321 – und zehn Boeing 737. Das sollen dann 30 einheitliche Typen werden. In welche Richtung es geht, kann ich noch nicht sagen. Die Gespräche mit beiden Herstellern sind aufgenommen.
Wiener Zeitung: Ob Airbus oder Boeing ist völlig offen?
Alfred Ötsch: Das ist völlig offen. Und das ist eine rein wirtschaftliche Entscheidung.
Wiener Zeitung: Wird die Marke "Lauda Air" bleiben oder verschwinden?
Alfred Ötsch: Das wird bald entschieden. Wir diskutieren, ob und wenn ja in welcher Form wir die Marke "Lauda" näher an die "Austrian"-Dachmarke heranführen. Im übrigen haben wir dieses Jahr eine enorme Verbesserung im Chartergeschäft gegenüber 2005 zusammengebracht. Ich gebe hier ein klares Bekenntnis zum Chartergeschäft ab. Es wird nur über die Marke diskutiert.
Wiener Zeitung: Noch einmal zum Thema Rückkehr in die Gewinnzone. Die meisten Airlines werden heuer schon positiv sein und 2007 wieder ordentlich verdienen, sagt die IATA.
Alfred Ötsch: Wenn die Umfeld-Bedingungen günstig sind, schließe ich nicht aus, dass wir es schon 2007 schaffen könnten. Aber eines kann ich sagen: Es wird knapp.
Wiener Zeitung: Aber 2008 ist es dann auf alle Fälle soweit?
Alfred Ötsch: Davon können Sie ausgehen – wenn nicht etwas Gravierendes passiert.
Wiener Zeitung: Gibt es dann auch wieder eine Dividende?
Alfred Ötsch: Eine Dividende gibt es frühestens für 2008. Wegen des Kapitalschnitts (notwendiger Schritt vor der Kapitalerhöhung, Anm.) sind hier rechtliche Auflagen einzuhalten.
Wiener Zeitung: Wie stehen sie zu einer Restprivatisierung, sobald die AUA saniert ist? Die ÖIAG hält noch 39,7 Prozent...
Alfred Ötsch: Ich halte die ÖIAG für einen sehr verlässlichen Eigentümer, und habe keinen Grund, eine Änderung herbeizuwünschen. Es gibt da keine Einmischung, die sich nicht an die Regeln des Aktiengesetzes hält.
Wiener Zeitung: Stichwort Fokus East: Wie besorgt beobachten sie die Konkurrenz – konkret die Lufthansa, die ihre Osteuropa-Destinationen ausweitet?
Alfred Ötsch: Wir vergrößern unseren Vorsprung zur Lufthansa und anderen Mitbewerbern. Wir haben 45 Ost-Destinationen, die Lufthansa 22. Wir bauen unseren Vorsprung aus. Wir planen, jährlich drei bis fünf neue Destinationen ins Programm zu nehmen. Heuer waren es sogar sechs. Aber wir wollen nicht in die Wachstumsfalle gehen und zu früh eine neue Strecke aufmachen, denn das Wachstum muss profitabel sein. Das ist ein ganz anderes Geschäftsmodell als bei den Billig-Fliegern.
Wiener Zeitung: Wo sehen Sie die AUA im Frühjahr 2011, wenn ihr Vorstandsvertrag ausläuft?
Alfred Ötsch: Was will ich da geschafft haben? Also: Ein deutlich positives Ergebnis – nachhaltig positiv dreistellig im Plus –, die führende Stellung in Osteuropa ausgebaut, und eine Langstrecke, die für sich selbst betrachtet auch positiv ist.
Wiener Zeitung: Wie wichtig ist die dritte Piste in Schwechat?
Alfred Ötsch: Sehr wichtig. Wir stoßen in Spitzenzeiten schon jetzt an die Kapazitätsgrenzen. Aus unserer Sicht darf keine Zeit mehr vergeudet werden. Sie soll so schnell wie möglich gebaut werden. Die Transferpassagiere wollen nicht länger als unbedingt nötig auf den Anschlussflug warten.
Wiener Zeitung: Was sagen Sie zu den Vorgängen bei der Alitalia?
Alfred Ötsch: Da bin ich zu weit weg. Aber was ich hier als Wunschkonzert von der italienischen Regierung höre, welche Bedingungen ein Käufer erfüllen muss, dass man alle Strecken weiter fliegen muss und kein Personal abbauen darf, dann frage ich mich: Wer soll das kaufen, wie soll das funktionieren? Im Moment stellt sich das von außen als eine "Mission impossible" dar.
Wiener Zeitung: Warum hat die Air France eigentlich ihren 1,5-Prozent-Anteil an der AUA verkauft?
Alfred Ötsch: Der Grund dafür ist simpel: Die sind im Tagesrhythmus angerufen worden und ob sie bei der Kapitalerhöhung mitziehen, ob sie die AUA übernehmen wollen, ob sie einen Allianz-Wechsel angeboten haben. Air France wurde das möglicherweise zu viel, und so entschloss man sich, den Anteil zu verkaufen Das verdanken wir den österreichischen Medien, die Franzosen haben uns angerufen, wir sollen das nicht persönlich nehmen, dass sie aussteigen.
Klicke in dieses Feld, um es in vollständiger Größe anzuzeigen.