NÖN: Die jüngste Kapitalerhöhung hat 367 Millionen Euro in die AUA-Kasse gespült. Was werden Sie mit dem Geld anfangen?
Ötsch: Wir haben vier Bereiche, für die wir das Geld verwenden wollen. Zum einen brauchen wir einen Teil dieser Mittel für die Restrukturierung unserer Langstrecke, zum anderen wollen wir in unsere Stärke – das Ostnetz – investieren, dort haben wir eine Qualitätsoffensive vor. Drittens wollen wir die Mittelstreckenflotte harmonisieren. Wir haben derzeit 20 Airbus und 10 Boeing und wir wollen das auf eine Type bringen. Der vierte Bereich, für den wir das Geld aus der Kapitalerhöhung verwenden wollen, ist die Stärkung unserer Bilanz. Um krisenfester zu sein, brauchen wir Eigenkapital und Cash für die Bilanz. Das ist ganz simpel, weil es passiert immer wieder etwas, was die Entwicklung des Fliegens beeinträchtigt. Wir hatten ja genug Beispiele in der Vergangenheit, da ist es ganz wichtig, dass man ein bisschen Atem hat.
NÖN: Die Langstrecke gilt als das große Problem der AUA...
Ötsch: Das Problem der Langstrecke ist, dass wir aus dem Einzugsgebiet von Wien heraus zu wenig Direktnachfrage für gewisse Destinationen haben . Daher ist es dort nicht möglich, mit den eingeleiteten Maßnahmen – nämlich Vergrößerung und Verbesserung der Business-Class auf der Langstrecke – diese negativen Ergebnisse ins Positive zu drehen. Eine schmerzliche aber notwendige Konsequenz ist , diese Strecken einzustellen. Das betrifft Australien, Shanghai, Phuket, Mauritius, Colombo, Male und Katmandu. Das führt dazu, dass wir von heute 77 wöchentlichen Langstreckenfrequenzen auf 59 Frequenzen zurückgehen. Das heißt aber auch, dass genug attraktive – in Summe zehn Langstreckenverbindungen nach New York, Washington, Chicago, Toronto, Tokyo, Peking, Bangkok, Delhi, Mumbai und Dubai überbleiben.
NÖN: Sie haben die Destinationen mit dem geringsten Deckungsbeitrag aus dem Programm genommen?
Ötsch: Ja, wir haben die Flüge aus dem Programm genommen, wo die Nachfrage aus Wien heraus am geringsten ist. Die Flieger waren zwar schon voll, aber ein voller Flieger heißt noch nicht, dass man Geld verdient. Wir waren auf Passagiere aus Drittmärkten angewiesen – und die haben wir nur über den Preiskampf bekommen.
NÖN: Sie mussten schleudern und das hat sich nie gerechnet?
Ötsch: Teilweise ja. . Aber auf den Strecken, die wir in Zukunft fliegen, werden wir die Frequenzen verstärken – das heißt bis auf zwei Ausnahmen täglich. Das braucht der Geschäftsreisende einfach, der unsere Zielgruppe ist. Der lässt sich von der Fluggesellschaft nicht seine Termine vorschreiben. Er will aus einem täglichen Angebot wählen können. Die Kapazitätserhöhung ist wichtig, sie betrifft die Ziele in Richtung Nordatlantik – Washington, New York, Chicago neu und Toronto – genauso wie die Destinationen Richtung Asien: Da reden wir von Delhi und Bombay, Bangkok, Tokio und Peking. Das ist ein Langstreckenprogramm, das aus Wien benötigt wird. Die werden wir mit einer vergrößerten und attraktiveren Business Class und – das ist der zweite positive Effekt – mit einer einheitlichen Boeing Flotte betreiben. Das sind 4 Boeing 777 und 6 Boeing 767, das ist unsere moderne Boeing - Langstreckenflotte.
NÖN: Die Airbus haben sie schon verkauft?
Ötsch: Bei den 4-strahligen Airbus A340 gibt es eine Vereinbarung mit der Swiss, die sie leasen wird. Und die 4 Airbus 330: seit wir den Abbauplan bekannt gegeben haben, , haben wir 60 Anfragen bekommen. Die werden uns mehr oder weniger aus den Händen gerissen und daher sind wir sehr zuversichtlich, diese zu guten Bedingungen abgeben zu können.
NÖN: Was ist der große Vorteil einer Flottenharmonisierung?
Ötsch: Den größten Vorteil gibt es beim fliegenden Personal, das ja immer nur auf eine Type zugelassen ist. Ich brauche bei einer Einheitsflotte weniger Piloten und Flugbegleiter, weil ich viel besser einteilen kann und auch flexibler bei Krankenständen und Ausfällen bin. Natürlich ist auch Wartung und Ersatzteilhaltung ein Thema. Und damit ist man in Summe deutlich kostengünstiger.
NÖN: Die Flottenharmonisierung soll sowohl auf der Mittel-, als auch auf der Langstrecke passieren?
Ötsch: Die zukünftige Anschaffung bei der Langstrecke wird im nächsten Jahr zwischen Boeing 787 und dem Airbus 350 fallen – Gott sei Dank wird letzterer nun doch gebaut, sonst hätte Boeing hier ein Monopol gehabt. Jetzt können wir wählen - frühestens 2012 oder 2013 kommen die dann in unsere Flotte. Bis dahin sind wir in der Langstrecke mit der jetzigen Flotte bestens bestückt. Auf der Mittelstrecke fliegen wir jetzt mit 20 Airbus und 10 Boeing. In Zukunft sollen es 30 von dem einen oder anderen sein. Aber das hängt von den Gesprächen mit den Herstellern ab.
NÖN: Welche Strategie legen Sie über die Mittelstrecke?
Ötsch: Unser Hauptfokusgebiet ist ganz klar: Zentral- und Osteuropa. Dort sind wir deutlicher Marktführer, wir fliegen dort 45 Destinationen an.. Da sind sehr viele Sekundärdestinationen dabei, das heißt nicht die Hauptstädte, sondern die anderen großen Städte in all diesen Ländern, wo großes Wirtschaftswachstum ist. Dort sind wir zum Teil die Ersten, die hinfliegen. Diese Aufbau- und Pionierleistung, wird vom Markt belohnt. Wir planen jedes Jahr drei bis vier neue Destinationen, im heurigen Jahr waren es sechs. Wir schauen uns das mit der Marktforschung an, wo Bedarf von Seiten der österreichischen Wirtschaft oder von den Osteuropa-Zentralen in Wien besteht und bauen unseren Vorsprung aus. Auf der Mittelstrecke verdienen wir gutes Geld.
NÖN: Das heißt, dass sich jede einzelne Destination rechnen muss?
Ötsch: Ja, aber das geht nicht sofort. Es gibt genaue Pläne in einem sehr straffen Zeitplan, das schwankt zwischen ein und drei Jahren. Man darf das nicht unterschätzen, man muss ja vor Ort auf den teilweise relativ kleinen Flughäfen viel aufbauen. . Dahin fließt ein Teil der Mittel, die wir investieren – zum Beispiel in Lounges. Wir haben uns wirklich der Qualität verschrieben, weil unsere Zielgruppe der Geschäftsreisende ist. Und der will nicht nur im Flugzeug , sondern auch vorher und nachher gut betreut werden. Ein weiteres Qualitätsthema ist, dass wir wieder das kostenfreie Catering in der Economy Class der Kurz- und Mittelstrecke – nun auch mit warmen Schmankerln - eingeführt haben.
NÖN: Als Beobachter hat man sich an den Kopf gegriffen, als das alte AUA-Management das Gratis-Essen eingestellt hat. War die damalige Maßnahme, die Sie jetzt zurückgenommen haben, für Sie nachvollziehbar?
Ötsch: Ich will nicht die Entscheidungen von damals kritisieren, aus der damaligen Sicht haben das viele gemacht. Wir haben damals auch keine wirklichen Umsatzeinbrüche gehabt.
NÖN: Aber langfristig hätte sich das nicht durchhalten lassen?
Ötsch: Wir glauben, dass unser Hauptkundenkreis kostenloses, hochwertiges Catering erwartet. Stellen Sie sich vor, der Kunde sitzt im Flugzeug , hat 400 Euro bezahlt und dann darf er sich beim Bistrowagen um 3 Euro ein Weckerl kaufen. Um den Preis möchte man nicht noch einmal Geld in die Hand nehmen müssen. Wir merken jetzt, dass die Kundenzufriedenheit enorm ansteigt. Höhere Kundenzufriedenheit führt aber auch zu besserer Kundenbindung – das spricht sich herum, führt zu mehr Passagieren und Stammgästen sowie schlussendlich zu mehr Umsatz. Die Rechnung könnte schneller aufgehen, als das in unseren Plänen vorgesehen ist.
NÖN: Wird in der Economy Class auch in den Sitzabstand investiert?
Ötsch: Wir kriegen neue Sitze – aber der Sitzabstand in der Economy Class bleibt. Da sind wir marktkonform. In der Economy ist es etwas enger, das weiß - jeder, der Economy bucht. Wir sind aber besser als der Mitbewerb – denn die Billig-Airlines haben eine viel engere Bestuhlung und damit wenig Komfort. -
NÖN: Sie sind davon fest überzeugt, dass Ihr Maßnahmenpaket greifen wird und dass die finanziell angeschlagene AUA wieder Boden unter den Flügeln bekommt?
Ötsch: Ja, natürlich. Ich sage nur eines nicht: Wann wir exakt wieder in den schwarzen Zahlen sein werden. Ich sage nur: Es wird schnell gehen. Ja, ich bin tief überzeugt: Wir sind jetzt auf einem sehr guten Weg, die wesentlichen Maßnahmen sind eingeleitet, die Verlustbringer werden konsequent abgebaut..
Wir investieren in die Stärken, das nötige Geld ist mit der Kapitalerhöhung im Haus. Das ganze passiert letztlich im Einvernehmen mit der Belegschaftsvertretung, es gibt keine Streiks – obwohl die Streckenstreichungen auf der Langstrecke heftige Maßnahmen waren. Die wichtigsten Weichenstellungen sind damit vorgenommen und werden konsequent umgesetzt.
NÖN: Könnten die Maßnahmen schon im nächsten Jahr so greifen, dass wenigstens eine „schwarze Null“ herauskommt?
Ötsch: Lassen Sie sich überraschen. Es hängt natürlich auch von der Entwicklung des Kerosin-Preises ab - Im Moment liegt der Kerosin-Preis – etwas unter unseren Business-Plan-Annahmen. Nur, wer kann mir heute sagen, was morgen passiert? Aber im Moment ist er unter dem langjährig sehr hohen Niveau.
NÖN: Wenn ich Sie jetzt interpretieren darf: Würde das heißen, dass Sie erst 2008 mit einem Gewinn rechnen, aber wenn es besonders gut läuft, könnte schon 2007 eine „schwarze Null“ herauskommen?
Ötsch: Eine theoretische Möglichkeit besteht, aber das hängt von den weiteren Rahmenbedingungen ab. Eine Ergebnisprognose gebe ich jetzt nicht ab.
NÖN: War es die richtige Entscheidung, die Sanierung ohne Partner zu versuchen?
Ötsch: Ja, natürlich. Weil die Basis für die Eigenständigkeit ein Geschäft ist, das man mit positivem Ergebnis führen kann. Und unsere Maßnahmen und Planungen zeigen, dass das möglich ist - und zwar wird das deutlich positiv möglich sein. -. Jetzt kann man sich überlegen - bringt ein Partner eine zusätzliche Verbesserung? Das sehe ich nicht. Wir haben den Großteil der möglichen Synergien, im Rahmen unserer Star Alliance Partnerschaft lukriert. Das ist eine gute Zusammenarbeit. Das Synergiepotenzial würde sich durch eine Beteiligung einer anderen Airline nicht wesentlich erhöhen. Und - einen Partner, der uns rettet, - brauchen wir nicht – weil wir schaffen es selbst. Die AUA wird rot-weiss-rot und eine starke Säule für den Wirtschaftsstandort Österreich bleiben. Darauf können wir stolz sein.
NÖN: Die Hilfe war die Kapitalerhöhung?
Ötsch: Ja, sicher. Aber die haben wir auch nur bekommen, weil wir glaubhaft machen konnten, dass wir das Geld, das wir jetzt bekommen, nicht verbrennen, sondern weil wir mit dem Geld kluge Dinge machen, richtig investieren, die richtigen Maßnahmen setzen - um dann mit profitablem Wachstum Geld zu verdienen.
NÖN: Wie viele Mitarbeiter hat die AUA derzeit?
Ötsch: 8.500
NÖN: Wie viele Mitarbeiter wird die AUA in 2 Jahren haben?
Ötsch: Das sagen wir heute nicht, weil wir mit der Belegschaftsvertretung vereinbart haben, keine Mitarbeiterzahlen zu nennen, so lange das Ganze noch nicht abgeschlossen ist.
NÖN: Aber der Personalabbau wird sich dreistellig ausgehen?
Ötsch: Sie meinen weniger als tausend Mitarbeiter? Ich sage dazu nichts, es ist genug spekuliert worden. Wichtig ist, dass es uns gelingt, diesen Abbau einvernehmlich zu gestalten, dass wir letztlich alles so hinbekommen, dass es keine Kündigungen gibt.
NÖN: Schaut es derzeit danach aus?
Ötsch: Das kann man noch nicht sagen Mit den Piloten sind wir bereits einig.Deswegen auch, weil wir zuerst damit begonnen haben. Da sind unsere Angebote gut angenommen worden, da gibt es nur einvernehmliche Lösungen. Bei den Flugbegleitern sind wir noch dran, aber wir bemühen uns, nach Möglichkeit schmerzliche Schritte zu vermeiden.
NÖN: Wird es irgendeine AUA-Marke geben, die den Preiskampf mit den Low Cost Carriern aufnehmen wird?
Ötsch: Nein, wir haben in Wien selbst 58 Prozent Marktanteil und Low Cost Carrier in Summe – alle die hier in Wien sind – 12 Prozent. Das ist relativ wenig, das würde auch nicht viel mehr werden. Die fliegen ja schon dort, wo es für sie lukrativ ist. Ein Low Cost Carrier fliegt - Punkt zu Punkt – mit einem hohen Verkehrsaufkommen zwischen diesen Punkten. Und wenn Sie an unser Osteuropa-Netz denken, diese 45 Destinationen, was kommt denn da in Frage? Gerade vielleicht die Landeshauptstädte wie Bukarest, Sofia usw. Und sonst ist es uninteressant für einen Low Cost Carrier – auch auf Jahre noch. Am Heimmarkt und in Europa sind wir mit unseren Redticket – all inclusive Angeboten sehr wettbewerbsfähig aufgestellt. Unsere Angebote, die auch erhältlich und nicht vorrangig Werbegags sind, sind ehrlich und deshalb gut am Markt etabliert.
NÖN: Das heißt, Sie sehen die Low Cost Carrier als keine Bedrohung?
Ötsch: Nein, dort wo wir im Wettbewerb stehen halten wir erfolgreich dagegen.
NÖN: Da sind Sie auch wettbewerbsfähig?
Ötsch: Ja, sicher, denn wir bieten zu attraktiven Preisen ein umfassendes Serviceangebot, Vielfliegerprogramme und abgestimmte Umsteige- und Anschlussverbindungen
NÖN: Wie schaut es mit einer Markenharmonisierung aus?
Ötsch: Das haben wir ja schon teilweise gemacht. Es gibt Austrian und Austrian arrows. Und das Thema Lauda Air, das Sie jetzt ansprechen, das wird in den nächsten Wochen entschieden. -
NÖN: Die geplante Übersiedelung der AUA-Zentrale von Oberlaa zum Airport nach Schwechat ist für Sie ein richtiger Schritt?
Ötsch: Ja, selbstverständlich. Eine Airline gehört zum Flughafen und dort wird das neue Headquarter auch von der Büroausstattung so gemacht, wie man heute Büros baut und eine eine attraktive, kommunikative Flächennutzung macht. Das ist in einem alten Gebäude einfach nicht möglich. Wir haben da unheimliche Synergien und Einsparungseffekte und wollen dann alle in offenen, neuen Büros sitzen. Wir reduzieren unsere Raumkosten deutlich. Nächstes Jahr im Sommer übersiedeln wir nach Niederösterreich. Und wir freuen uns darauf!
NÖN-Interview von Harald Servus
18.12.2006
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